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GFA_Stadt

Gesundheitsfolgenabschätzung in der Stadtentwicklung

Gesundheitsfolgenabschätzung als Modell Gesundheitsaspekte in die Stadtplanung zu integrieren

GFA (engl. HIA, Health Impact Assessment) definiert die Weltgesundheitsorganisation als "eine Kombination von Prozeduren, Methoden und Werkzeugen, mit denen sich die Auswirkungen von Strategien, Programmen oder Projekten auf die Gesundheit einer Bevölkerung und deren Verteilung in der Bevölkerung abschätzen lassen." Damit sollen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit in allen Sektoren verstärkt Berücksichtigung finden ("Health in all Policies"). Dies gilt auch für die Stadtplanung und -entwicklung. Hier sind Strategien zu entwickeln, die Aspekte der Gesundheit stärker einbeziehen. Gleichzeitig sind die Gesundheitsdienste in die Lage zu versetzen, im Stadtentwicklungsprozess fundiert Stellung zu nehmen und Gesundheitsaspekte einbringen zu können.
Das Projekt GFA_Stadt will dazu beitragen, die GFA in kommunale Prozesse systematisch zu integrieren und Anwendungshemmnisse zu reduzieren.

GFA_Stadt

Fördermittelgeber: Drittmittel-Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

Projektträger: VDI Technologiezentrum GmbH

Laufzeit: 10.2020 – 08.2024

Projektwebsite: https://www.gfa-stadt.de

Gesundheitsförderung ist raumrelevant

Zwei Fallquartiere in Hamburg und Gera

Gesundheit kann in den konkreten Lebenswelten (Settings) der Menschen gefördert werden, also dort wo Menschen leben, agieren und interagieren.

Über das Projekt

Das Forschungsvorhaben GFA_Stadt zielt auf soziale Innovation ab, indem praktisch-organisatorische Lösungen (anwendungsfreundliche Umsetzung von GFA in der Stadtplanung), veränderte soziale Praktiken (systematische Berücksichtigung von Gesundheitsfragen in der kommunalen Planungspraxis) sowie optimierte Prozesse und effiziente Strategien (partizipative Umsetzung von GFA) initiiert werden, sowie Entscheidungsstrukturen neu verknüpft und strukturiert werden. Im Projektvorhaben werden exemplarisch in Fallquartieren, im Hamburger Bezirk Eimsbüttel Stadtteil Stellingen und im Geraer Stadtteil Lusan, vorrangig Gesundheitsbelastungen untersucht und vor allem Verbesserungen der Bewegungsfreundlichkeit (Walkability) abgeleitet.

Die Walkability als wesentlicher Gesundheitsfaktor in den Fallquartieren

Das Forschungsvorhaben GFA_Stadt untersucht die Gesundheitsfolgenabschätzung exemplarisch für den Schwerpunkt Walkability (Bewegungsfreundlichkeit) in Städten und die damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen (förderliche und hemmende Effekte) auf die Bewohnerschaft in Quartieren. Konkret wird in ausgewählten Gebieten des Bezirks Hamburg-Eimsbüttel und der Stadt Gera erforscht, wie die GFA in der Stadtplanung umgesetzt werden kann und wie sich die Walkability auf die Lebensqualität und Gesundheit der Wohnbevölkerung auswirkt. Im Hamburger Bezirk Eimsbüttel ist der Stadtteil Stellingen Projektgebiet im Rahmen der Quartiersinitiative Urbanes Leben. Das Ziel dieser Initiative ist die Entwicklung, Erprobung und Etablierung einer behördenübergreifenden Arbeitsweise für eine ganzheitliche Quartiersstrategie. Der Geraer Stadtteil Lusan ist seit 2015 Programmquartier des Förderprogramms Soziale Stadt. Damit unterstützen Bund und Land die Stabilisierung und Aufwertung städtebaulich, wirtschaftlich und sozial benachteiligter und strukturschwacher Stadt- und Ortsteile. Im Rahmen des Integrierten Entwicklungskonzeptes (IEK) Gera-Lusan wurden für den durch Plattenbausiedlung geprägten, strukturschwachen Stadtteil vor allem Handlungserfordernisse zur Verbesserung des Wohnumfeldes und der Gesundheitsförderung abgeleitet. Die Wissenschafts- und Kooperationspartner aus der Praxis erwarten, dass es mit GFA_Stadt gelingt, sowohl eine strategische Vorgehensweise für die Integration von Gesundheitsbelangen in die Stadtplanung zu entwickeln als auch konkrete Impulse zu erlangen, z.B. durch Wegegestaltung, Schaffung von Barrierefreiheit und Freiraumvernetzung die Stadtteile bewegungsfreundlicher zu gestalten und Umweltbelastungen zu reduzieren.

Ein innovativer Ansatz: Eine durch ein Online-Tool gestützte GFA in der Stadtplanung

GFA werden weltweit zunehmend angewendet. In Deutschland befindet sich die GFA in der Stadtplanung noch in den Anfängen. Menschliche Gesundheit kann zwar als ein Parameter im Rahmen der Umweltprüfung berücksichtigt werden, doch wird dies aufgrund fehlender Verbindlichkeit nur unzureichend praktiziert. Im deutschsprachigen Raum wurden bislang kaum GFA im Kontext von stadtplanerischen Maßnahmen durchgeführt. Neu an dem Lösungsansatz GFA_Stadt ist, dass er als ressortübergreifendes Verfahren das Querschnittsthema Gesundheit in den Planungsalltag integriert. Langfristig bietet dies das Potential, durch Gesundheitsfolgenabschätzungen eine größere Argumentationsgrundlage in der ressortübergreifenden Abstimmung zu erhalten und gleichzeitig den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass er bei Quartiersbewohner:innen gesündere Lebensweisen ermöglicht und unterstützt.

Die Entwicklung eines Online-Tools als institutionsübergreifendes System soll den Arbeitsaufwand zur Umsetzung der GFA minimieren. Das Tool wird in Zusammenarbeit mit den Praxisstädten entwickelt und soll als Resultat eine fundierte Kooperation zwischen Public Health, räumlicher Planung und Bürgerschaft ermöglichen.

Vorgehen und Ziel des Forschungsprojektes

Die enge Verknüpfung zwischen Wissenschaft und Praxis steht in diesem Forschungsprojekt im Fokus, um die Anschlussfähigkeit und Übertragbarkeit neuer Erkenntnisse und Lösungen sicherzustellen.

Interdisziplinärer Forschungsansatz

Das Forschungsvorhaben verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, indem es Expertise aus der Stadtplanung bzw. Stadtforschung und den Gesundheitswissenschaften vereint. Damit fokussiert das Projekt das komplexe Wechselspiel von wissenschaftlich-technischer Innovation und gesellschaftlicher Entwicklung in der Siedlungs- bzw. Quartiersentwicklung und der Gesundheitsförderung. Mit Hilfe der entwickelten Instrumente soll die multisektorale Zusammenarbeit zwischen Gesundheits- und Stadtplanungsressorts in der kommunalen Verwaltung verbessert bzw. vereinfacht werden. Gegenwärtige Barrieren sollen im Rahmen des Forschungsvorhabens reduziert bzw. abgebaut werden. Das Online-Tool und der Praxisleitfaden werden die Kommunikation und den Austausch beider Disziplinen erleichtern, sowie die Partizipation der Betroffenen ermöglichen.

Vorhabenziel

Im Ergebnis zielt die Entwicklung des integrierten, partizipativen Modells zur Gesundheitsfolgenabschätzung für Kommunen darauf ab, das Querschnittsthema Gesundheit ressortübergreifend in den Planungsalltag zu integrieren. GFA kann eine bessere Argumentationsgrundlage in der Abstimmung zwischen Stadtplanung und den Öffentlichen Gesundheitsdiensten darstellen, um Städte und speziell öffentliche Räume so zu gestalten, dass sie der Gesundheitsförderung dienen und bei den Bewohner:innen die Chancengleichheit für gesündere Lebensweisen verbessert. Somit können Verwaltung und Politik die Lebensqualität in Städten und Quartieren verbessern und letztlich auch die Kosten der Gesundheitsversorgung verringern.

 

Handlungsfelder

Das Forschungsprojekt GFA_Stadt behandelt vor allem folgende Aufgabenfelder:

  • Realisierung eines anwendungsfreundlichen Instruments zur Gesundheitsfolgenabschätzung für die kommunale Planungspraxis, das sowohl partizipative als auch integrierte Anforderungen erfüllt
  • Systematische Berücksichtigung gesundheitlicher Auswirkungen von stadtplanerischen Maßnahmen in kommunalen Planungsprozessen
  • Entwicklung eines Online-Tools, das die Zusammenarbeit verschiedener Akteure im Planungsprozess und die Beteiligung der Bürger:innen unterstützt
     

Wissenschaftliche Beiträge des ISP

  • Leitfaden zur praktischen Umsetzung von GFA
    Aufbereitung der gewonnenen Erkenntnisse in Form eines Handlungsleitfadens für Politik und Verwaltung.

  • Bewohnerperspektive auf die Bewegungsfreundlichkeit (walkability) in den Fallquartieren
    Mit Hilfe qualitativer und quantitativer Methoden werden die Perspektiven und Erfahrungswerte der Bewohner:innen der Fallquartiere erfasst und ausgewertet.

  • Nachhaltiger Wissenstransfer
    Entwicklung eines Weiterbildungskonzepts durch das Expert:innen aus dem Gesundheits- und Stadtplanungsbereich in die interdisziplinäre Anwendung von GFA eingeführt werden.

  • Sinning, Heidi; Bojahr, Christian; Benneckenstein, Astrid; Sibilis, Arne; Tolg, Boris; Westenhöfer, Joachim 2023: Health Impact Assessment in Urban Development - Model Approach, Potentials and Limitations for the Systematic Integration of Health Aspects in Urban Planning Processes. Case Study Gera, Germany. Paper AESOP Congress 2023 in Lodz - Track 1 Integrated Planning for Complexity, Łódź. (im Erscheinen)

    Sinning, Heidi; Bojahr, Christian; Benneckenstein, Astrid; Sibilis, Arne; Tolg, Boris; Westenhöfer, Joachim 2023: Health Impact Assessment in Urban Development - Model Approach, Potentials and Limitations for the Systematic Integration of Health Aspects in Urban Planning Processes. Case Study Gera, Germany. Abstract, AESOP Congress 2023 in Lodz - Track 1 Integrated Planning for Complexity. In: Book of Abstract: Integrated planning in a world of turbulence, pp.60-61, Łódź.
    (PDF-Datei als Download)

    Sinning, Heidi; Westenhöfer, Joachim; Borutta, Jana; Buchcik, Johanna; Grimm, Theresa; Tolg, Boris; Benneckenstein, Astrid 2021: Integration der Gesundheitsfolgenabschätzung (GFA) in die Stadtentwicklung: Interdisziplinäre Herausforderungen, Potentiale und Hemmnisse.
    (Poster im PDF-Format)