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StraInQ

Strategien und Instrumente des sozialen Zusammenlebens im Quartier zur Integration besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen

Integration und Teilhabe benachteiligter Gruppen in Stadtquartieren

Menschen aus EU-Mitgliedsstaaten, insbesondere aus Rumänien, Polen und Bulgarien, sind die größte Zuwanderungsgruppe in Deutschland. Insbesondere Angehörige der stigmatisierten Minderheit der Rom:nja, den Zugang zu verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereichen, wie Wohnen und Arbeit zu ermöglichen sowie ihre soziale und kulturelle Teilhabe zu fördern, ist auf Grund des angespannten Wohnungsmarkts in Großstädten, antiziganistischen Vorbehalten in der Aufnahmegesellschaft, Diskriminierung auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen und der persönlichen Voraussetzungen der Gruppe eine besondere Herausforderung für die lokale Integrationsarbeit.

Welche wohnraum- und quartiersbezogenen Maßnahmen können die Teilhabemöglichkeiten dieser benachteiligten Gruppe am gesellschaftlichen Leben befördern? Wie werden öffentliche Räume und soziale Infrastrukturen in städtischen Quartieren durch unterschiedliche Bewohnergruppen wahrgenommen und genutzt? Was sind besonders gemeinschaftsfördernde Orte und welchen Beitrag zur Verbesserung des sozialen Zusammenlebens und zur Integration benachteiligter  Minderheiten können sie leisten?

Unter der Leitung des ISP werden diese Fragen mit Praxispartnern anhand Fallbeispiels Märkischen Viertel  Berlin im Verbundprojekt StraInQ untersucht.

Online-Fachtagung am 14.10.2022

Soziales Zusammenleben im Quartier stärken - Kultursensible Räume, Teilhabe und Antidiskriminierung

Weitere Informationen

StraInQ

Fördermittelgeber: Drittmittel-Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

FONA - Forschung für Nachhaltigkeit

Projektträger: Deutsches Zentrum
für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Laufzeit: 05.2020 bis 02.2023 (StraInWo: 07.2016 – 06.2020)

Über das Projekt

Das Forschungsvorhaben StraInQ baut auf Ergebnissen des Vorgängerprojektes StraInWo auf. Dabei entwickelte Strategien zur Förderung des Zugangs benachteiligter Gruppen zu Wohnraum, sollen im aktuellen Projekt um Erkenntnisse der sozialräumlichen Integration in bestehende Nachbarschaften und Quartiere ergänzt werden. Fragen nach der alltäglichen Nutzung öffentlicher Räume und sozialer Infrastrukturen sowie zum Zusammenleben der Menschen in dicht besiedelten und von Zuwanderung geprägten Wohnquartieren stehen dabei im Mittelpunkt.

Fallbeispiel Märkisches Viertel

Das Märkische Viertel ist eine in den 1970er Jahren errichtet Großwohnsiedlung im Bezirk Berlin Reinickendorf, die heute von knapp 40.000 Menschen aus mehr als 100 Nationen bewohnt wird. Der Gebäudebestand des Quartiers befindet sich fast vollständig im Eigentum der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau AG, die selbst assoziierte Projektpartnerin im Forschungsvorhaben ist.

Die in den letzten Jahren verstärkte Zuwanderung aus dem In- und Ausland in deutsche Großstädte und die anhaltende Knappheit bezahlbaren Wohnraums in Berlin, erzeugen einen hohen Zuwanderungsdruck auf das Quartier. Der Zuzug ökonomisch benachteiligter Menschen und häufig größerer Familien sowie ein gleichzeitig hoher Anteil langansässiger Bewohner:innen, führte in jüngerer Zeit zu erheblichen demographischen Veränderungen im Märkischen Viertel.

Durch zahlreiche Maßnahmen im Rahmen der Städtebauförderung (Soziale Stadt), der energetischen Sanierungen der Wohngebäude durch die Gesobau AG oder auch durch den Ausbau sozialer Einrichtungen wurde diesem Veränderungsprozess begegnet. Nicht zuletzt, die hohe Zufriedenheit der Bewohner:innen mit der heutigen  Wohnsituation zeigt den Erfolg dieses Einsatzes.  Dennoch sieht sich das Quartier nach wie vor mit erheblichen Herausforderungen in Bezug auf die sozio-ökonomische Situation seiner Bewohner:innen, die Aushandlung des  Zusammenlebens in immer größerer Vielfalt und schließlich den sozio-ökologischen Folgen der gesamtstädtischen Entwicklung konfrontiert.

Rom:nja im Märkischen Viertel

Angehörige der Minderheit der Sinti:zza und Rom:nja leben bereits seit vielen Jahren im Märkischen Viertel. Im Zuge der EU-Osterweiterung im Jahr 2007, nahm der Zuzug von Menschen aus Südosteuropa jedoch erheblich zu. Auch Rom:nja migrierten dabei zunehmend in Großstädte wie Berlin. Dort trafen sie auf einen bereits stark angespannten Wohnungsmarkt und häufig  antiziganistische Vorbehalte u.a. von (privaten) Vermieter:innen. In der Folge lebten viele Rom:nja-Familien in Obdachlosigkeit oder irregulären Wohnverhältnissen (siehe auch Forschungsergebnisse StraInWo).

Vor dem Hintergrund steigender Zahlen wohnungsloser Rom:nja aus Südosteuropa wurde im Jahr 2015 auf Initiative des Integrationsbüros des Bezirksamtes Reinickendorf eine Kooperation zwischen der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Soziales, dem Integrationsbüro der Bezirksverwaltung Reinickendorf von Berlin, der GESOBAU AG sowie den sozialen Trägern Phinove e.V. und Aufwind e.V. für das dezentrale Wohnprojekt „Wohnen und Leben im Märkischen Viertel“ geschlossen.  Im Rahmen dieses Wohnprojektes konnten inzwischen 12 Familien (Stand Ende 2020) mit Wohnraum versorgt werden. Eine enge soziale Begleitung soll die Integration der Familien in den Arbeitsmarkt und Bildungsbereich sowie in die bestehende Nachbarschaft unterstützten. (siehe Videobeitrag zum Wohnprojekt)

Ziel und Vorgehen des Forschungsprojektes

Im Rahmen des Forschungsprojektes werden mehrere Forschungsfragen untersucht. Zum einen stehen Fragen zu den individuellen Raumwahrnehmungen, Nutzungen und Aneignungen durch unterschiedliche Bewohnergruppen in städtischen Quartieren im Mittelpunkt:

  • Wie werden das Quartier, (halb-) öffentliche Räume sowie die (soziale und ökologische) Infrastruktur von Zugewanderten sowie alteingesessenen Bewohner:innen wahrgenommen und genutzt?
  • Welche Räume und Infrastrukturen werden von unterschiedlichen Bewohner:innen als gemeinschaftliche bzw. gemeinschaftsfördernde, aber auch als konfliktgeprägte Orte gesehen?

Aus diesen Analysen werden anschließend konkrete Bedarfe vielfältiger Nachbarschaften an soziale und räumliche Infrastrukturen identifiziert und Möglichkeiten ihrer Qualifizierung abgeleitet:

  • Welche unterschiedlichen Anforderungen werden an (halb-) öffentliche Räume sowie soziale und ökologische Infrastrukturen gestellt und wie können diese für eine kultursensible Transformation aus Sicht verschiedener Bewohnergruppen qualifiziert werden?

Schließlich haben Fragen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts- und des Abbaus von Diskriminierung (hier insbesondere Antiziganismus) einen besonderen Stellenwert im Forschungsprojekt:

  • Welche Instrumente zur Förderung des sozialen Zusammenhalts und des Abbaus von Diskriminierung können auf lokaler Ebene weiterentwickelt und verstetigt werden?
  • Welchen Beitrag leisten dabei verschiedene (u.a. kommunale, wohnungswirtschaftliche, intermediäre und zivilgesellschaftliche) Akteure?

Im Ergebnis werden Handlungsempfehlungen für eine sozial-ökologisch nachhaltige und kultursensible Transformation von Quartieren auf der Grundlage der Förderung sozialer Kohäsion erarbeitet.

Weiterhin werden unterschiedlicher Instrumente  zur Integration  benachteiligter Gruppen (v.a. Rom:nja) im Märkischen Viertel erprobt. Mittels dieser Maßnahmen sollen schließlich konkrete Fortschritte in Bezug auf die Verbesserung der Teilhabechancen in Nachbarschaft und Quartier erzielt werden.

Durch die enge Verknüpfung zwischen Wissenschaft und Praxis werden Ergebnisse gemeinsam mit beteiligten Akteuren reflektiert und weiterentwickelt, um die Anschlussfähigkeit und Übertragbarkeit der Erkenntnisse und Lösungsbeiträge sicherzustellen.

Praxisorientierter Forschungsansatz

Das Konzept des „Reallabors“ fand in den vergangenen Jahren vermehrt Einsatz in der praxisorientierten Forschung. Der Ansatz zielt gleichermaßen auf die Erarbeitung wissenschaftlicher Erkenntnisse, der Umsetzung und Erprobung von Lösungen in der Praxis sowie auf Lerneffekte bei beteiligten Akteuren.

Im Projekt StraInQ werden diesem Ansatz folgend individuelle Raumwahrnehmungs- und Aneignungspraxen durch verschiedene Quartiersbewohner:innen untersucht. Das in der Umsetzung befindliche Wohnprojekt „Wohnen und Leben im Märkischen Viertel“ wird wissenschaftlich begleitet und im Hinblick auf die sozialintegrativen Wirkungen für die Zielgruppe evaluiert, sowie zusätzliche Instrumente zur Förderung des sozialen Zusammenhalts und der Antidiskriminierung gemeinsam mit den Projektpartnern und Akteuren vor Ort entwickelt.

Aufgabenfelder

Das Forschungsprojekt StraInQ arbeitet in folgenden Aufgabenfeldern:

  • individuelle Raumwahrnehmung und Nutzung durch unterschiedliche Bewohnergruppen im Quartier
  • Verbesserung der Wohnsituation ehemals obdachloser Rom:nja-Familien, u.a. durch Erprobung von Maßnahmen zur sozialen Integration
  • kultursensible Transformation städtischer Quartiere

Wissenschaftliche Erkenntnisse des ISP

Bewohnerperspektive auf das Quartier im Hinblick auf Wahrnehmung und Nutzung öffentlicher Räume

Mit Hilfe qualitativer und quantitativer Methoden werden die Perspektiven der Bewohner:innen des Fallquartiers erfasst und ausgewertet.

Sozialräumliche Wirkung integrativer Wohnprojekte

Die Evaluation des Wohnprojektes „Wohnen und Leben im Märkischen Viertel“ untersucht die integrativen Effekte des Projektes auf die Zielgruppe.

Handlungsempfehlungen kultursensibler Transformation

Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Praxis werden Handlungsempfehlungen für eine kultursensible Transformation städtischer Quartiere diskutiert und entwickelt.

Projektteam

Projektleitung und Verbundkoordination

Prof.in Dr.-Ing. Heidi Sinning

+49 361 6700-4480sinning@fh-erfurt.de Altonaer Straße 25, Schlüterstraße 1 | 12.1.16 (Altonaer Straße), 103 (Schlüterstraße)
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wissenschaftlicher Mitarbeiter

Johannes Glöckner

-johannes.gloeckner@fh-erfurt.de Altonaer Straße, Haus 11 | 11.1.03
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Projektpartner





40.000 Bewohner aus über 100 Nationen

Diverse Quartiere: Märkisches Viertel

Soziale Vielfalt in dicht bewohnten Quartieren nimmt zu. Für ein gelingendes Zusammenleben braucht es Räume, die Begegnung und Austausch ermöglichen.

  • Glöckner, Johannes; Sinning, Heidi; Mundt, Matthias; Stadtfeld, Julia: Kultursensible Transformation städtischer Quartiere. Handlungsempfehlungen - Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt StraInQ, ISP-Schriftenreihe, Bd. 19, Erfurt (Schrift im PDF-Format)

    Riechel, Robert; Berndt, Matthias; Pilz, Madlen; Keskinkilic, Leoni; Wiegand, Anna; Rößler, Stefanie; Friedrich, Katja; Milstrey, Ulrike; Sinning, Heidi; Hanhörster, Heike; Hans, Nils, Schmiz, Antonie 2021: Migration und Teilhabe in städtischen Wohnquartieren. Ergebnisse aus dem Fokusthema „Sozialer Zusammenhalt und Migration" der BMBF-Zukunftsstadtforschung. Thesen für die Praxis. Synthese Paper Zukunftsstadt und urbane Transformation, Nr. 2, hg. von SynVer*Z - Synthese- und Vernetzungsprojekt Zukunftsstadt, Berlin. (Schrift im PDF-Format)

    • Fachhochschule Erfurt: Quartiersforschung im Märkischen Viertel Berlin - Soziales Zusammenleben und Integration besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Forschungsprojekt zur nachhaltigen Transformation von Stadtquartieren gestartet, Erfurt, Pressemitteilung der FH Erfurt vom 20.05.2020
    • ISP, Aufwind e.V.; Das Wohnprojekt "Wohnen und Leben im Märkischen Viertel". Ein Film im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes StraInQ, 01.02.2022. Verfügbar: https://www.youtube.com/watch?v=cH95WOmyDMk